Liebe Freunde von Goloka Dhama,
Ich möchte heute von einem regelmäßigen Ereignis in der Bewegung für Krishna Bewusstsein erzählen, das für viele so selbstverständlich geworden ist, dass seine magische, transzendentale Natur ein wenig im Nebel der Routine zu versinken scheint.
Das Ereignis heißt: Das Sonntagsfest.
„Ihr strahlt immer so freudig, wenn ihr im Tempel wart!“ Verkündete meine Mutter, ganz entspannt beim „Tatort“, im Wohnzimmersessel sitzend. Diese Worte widerhallen noch heute in meinen Ohren, die ich oft hörte, wenn mein Bruder und ich von einem Besuch beim Heidelberger Sonntagsfest – damals noch in der Kurfürstenanlage 5 – nach Frankfurt am Main, ins gemeinsame Elternhaus zurückkehrten. Das Sonntagsfest gab spirituelle Kraft durch Mantra-Meditation, Erleuchtung durch den transzendentalen Vortrag, läuternde Sinnesfreude durch das Prasadam und wohltuende Gespräche mit den Gottgeweihten. Das Sonntagsfest war Balsam für die Seele!
Das Sonntagsfest war eine Inspiration, ja, es war der Höhepunkt der ganzen Woche! Die Bhaktilata, die Pflanze der Hingabe begann zu keimen, der Wunsch auch ein Gottgeweihter zu werden wuchs heran. Das Sonntagsfest war für mich und viele andere der Wendepunkt vom materiellen zum spirituellen Leben. Es war das Sprungbrett zum Eintauchen in die spirituelle Dimension.
Srila Prabhupada nannte es in der Pionierzeit der Hare-Krishna-Bewegung das Lovefeast. Die Idee für ein Lovefeast äußerte Prabhupada erstmalig, als er noch im Dachboden eines heruntergekommenen Hauses in der Bowery lebte, noch bevor er in den ehemaligen „ Matchless Gifts“ Laden in der 26 Second Avenue einzog. Als er mit Mukunda und einigen anderen Gästen zusammensaß fragte er die Anwesenden: „Ich habe mir überlegt, ein Lovefeast zu veranstalten, mit Gesang, Tanz und einem großen Essen. Was haltet ihr davon?“ (Miracle on Second Avenue/ S.34)
Obwohl die Anwesenden etwas zurückhaltend reagierten, machte Srila Prabhupada einige Tage später, nach dem abendlichen Kirtana eine Ansage: „So, am Sonntagnachmittag werden wir hier ein Lovefeast machen, kommt bitte alle!“ Srila Prabhupada kochte und verteilte das Prasadam persönlich an alle. Während des Festes bewegte er sich sehr energetisch durch den Raum. Immer einen Topf unter seinem linken Arm und mit einer Kelle in der rechten Hand bewirtete er die Gäste. ( Miracle on Second Avenue/S.36)
In Goloka Dhama wurde das Sonntagsfest schon ein Jahr nach der Eröffnung des Tempels, also im Jahr 1996 eingeführt. Zum einen dient es dem Zusammenkommen der außerhalb des Tempels lebenden Gemeindemitglieder, zum anderen ist es Zuflucht für die sich stetig vergrößernde Gemeinde, der aus Indien stammenden gläubigen Hindus. Sehr erfreut können wir außerdem beobachten, dass fast jede Woche auch neue Gäste zum Sonntagsfest kommen und oft zu Stammgästen in Goloka Dhama werden. Mein besonderer Dank gilt hier besonders allen Köchen und Köchinnen, des Tempels und der Gemeinde, die seit so vielen Jahren freiwillig diesen wunderbaren Dienst für Krishnas Sonntagsfest ausführen.
Das Sonntagsfestteam kommt regelmäßig zusammen und koordiniert die einzelnen Features des Sonntagsfestes: Wer kocht, wer kauft ein, wer macht die Bhajans, wer gibt den Vortrag, wer übersetzt, wer teilt Prasadam aus, wer putzt, wer macht die Ansagen, wer baut alles auf, wer filmt. Finanziert wird das Fest, von den Besuchern, die am Sonntag eine Spende in den Korb geben, der auf dem Prasadamtisch steht. Das funktioniert gut. Es gab ja in der Vergangenheit die beiden anderen Handhabungen: a) Freies Sonntagsfest für alle, der Tempel bezahlt alles. b) Fester Eintrittspreis, jeder muss einen festen Betrag bezahlen. Die Spendenversion hat sich für alle Beteiligten als sehr zufriedenstellend herausgestellt.
Sehr erfreulich ist außerdem, dass die Besucherzahl im Laufe der Zeit um einiges zugenommen hat. Beim Prasadam dürfen wir jeden Sonntag zwischen 60 und 90 Gäste bewirten. Bei den Bhajans und beim Vortrag sind es etwas weniger… Prasadam ist einfach unschlagbar! Im Bhaktivedanta Manor, dem größten Tempel in England, gilt die Regel, dass das Festessen nur an die Gäste ausgeteilt wird, die am gesamten Sonntagsprogramm teilnehmen. Aber auch für diejenigen, die es auf unergründliche Weise nicht geschafft haben, zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein, ist gesorgt. In reservierten Räumlichkeiten gibt es für die zu spät gekommenen eine Portion nahrhaften, gut gewürzten Kichari. Keiner geht leer aus! (Keine Sorge, ich werde unserem Sonntagsfestteam von dieser Alternative nichts erzählen). Wir in Goloka Dhama heißen alle unsere Gäste willkommen, empfehlen jedoch das „ all inclusive“ Paket, denn alle Teile des Sonntagsfestes sind äußerst glückspendend.
Wir sind auch offen für neue Ideen, die das Sonntagsfest bereichern und verschönern. Seit einiger Zeit machen wir nach dem Vortrag, bis das Prasadam serviert wird, einen Kirtana. Während des Kirtanas kann jeder einen Gheestick entzünden und Sri Sri Radha Madana Mohana darbringen. Alle Gäste nehmen mit großer Freude daran teil. Die Gheesticks macht Manjula-mani d.d. aus Holzstäbchen, Watte und Butterfett. In diesem Jahr wurden zur Freude von Sri Sri Radha Madana Mohana bereits 1200 Gheesticks dargebracht. Gäste, die zum ersten Mal am Sonntagsfest teilnehmen, erhalten als Begrüßungsgeschenk ein Buch von Srila Prabhupada.
Beim Installationsfest von Lord Jagannatha in San Franzisco unterwies Srila Prabhupada die Gottgeweihten und die Gäste, eine große Kerze darzubringen indem sie vor der Bildgestalt gekreist werden sollte. Wenn der erste seine Kreise beendet hatte sollte er die Kerze an den Nächsten weitergeben usw. - solange, bis der Kirtana beendet sein würde. (Srila Prabhupada Lilamrita, Volume 3/S.99) Es scheint also, dass unsere Ideen mit denen von Srila Prabhupada sehr gut zusammen passen.
Schon der Weise Konfuzius sagte: „Sage mir etwas und ich vergesse es, zeige mir etwas und ich erinnere mich daran, aber lasse mich etwas tun, dann verstehe ich es!“
Goloka Dhama ist ein Platz der Begegnung und so muss man immer mit Gästen rechnen: Hindu- Busreisegruppen, Workaways, Wanderer, Wahrheitssucher und viele andere… Wir sind hier kein Privatclub, wo man sich nur unter seinesgleichen wohlfühlt. Diese Kritik wurde uns auch schon zu alten Heidelberger Zeiten gelegentlich von Gästen entgegengebracht, die das Gefühl hatten: „ Oh, bin ich hier eigentlich willkommen, oder wollen diese Hare Krishna Leute lieber unter sich sein?“
Um dem entgegenzuwirken, hat Anuradha d.d. bei unserem Sonntagsfest einen sehr schönen Begrüßungs-Buchtisch etabliert. Dies wurde dann von Divyanama d.d. weitergeführt.
Die Sonntagsfest Kirtanias sitzen den Deities und den Gästen zugewandt. Die Gäste müssten ansonsten, wenn die Gottgeweihten wie gewohnt sitzend, für die Deities singen, für eine Stunde die Rücken der Gottgeweihten betrachten. Eine besondere Herausforderung ist der Bhagavad-Gita Vortrag, da sich in der Audienz auf der einen Seite oft ältere Gottgeweihte, auf der anderen Seite aber auch neue Gäste befinden, die eventuell noch nichts über Krishna Bewusstsein wissen. Dennoch gelingt es den Gottgeweihten in der Regel diesen Spagat hinzukriegen und alle Zuhörer zu erreichen. Ein besonders schönes Beispiel ist His Holiness Svayam Bhagavan Keshava Maharaja, der vor einiger Zeit beim Bhakti-Immersion-Festival, sowohl alle Gottgeweihten die anwesend waren, sowie die Sonntagsfest Gäste durch seine philosophischen und kommunikativen Fähigkeiten begeisterte. Im Sonntagsfest sind die wichtigsten Aspekte des Krishna Bewusstseins äußerst kraftvoll gebündelt: Kirtana, Predigen, Prasadam, Buchverteilung und Deity Verehrung.
Als Besucher wirkte das Sonntagsfest von Anfang an sehr anziehend auf mich. Und ich glaube, dass die meisten von uns die gleiche Erfahrung gemacht haben. Daher ist es für mich heute, eine große Freude an der gemeinschaftlichen Gestaltung des Sonntagsfestes mitzuwirken zu können, in der großen Hoffnung, andere spirituelle Seelen näher zu Sri Sri Radha Madana Mohana zu bringen.
Sri Krishna ist allanziehend und so ist es auch sein Sonntagsfest!
Komm gerne vorbei und lass uns gemeinsam singen, tanzen, das Festessen genießen und Krishna verherrlichen.
Euer Diener Adisesa dasa, im Namen von Goloka Dhama.
Srila Prabhupada sagte über das Sonntagsfest:
„Und sie kamen zum Sunday Lovefeast, schon ganz am Anfang, als ich in der 26 second Avenue lebte, habe ich gekocht. Das war der Beginn meiner Bewegung. Ich habe diese Bewegung zum Erfolg geführt, einfach durch das Sunday Lovefeast“. ( Srila Prabhupada and his Disciples in Germany/ S.390)